Wenn wir Dinge als Überforderung empfinden, hätten wir gerne Trost und Zuspruch. Haben wir jedoch Entwicklungstraumata erlitten, nehmen wir dieses Bedürfnis oft nicht wahr. In Zusammenhang mit diesen Entwicklungstraumata entstehen auch die einzelnen Beziehungstypen.
Ein sicher gebundener Beziehungstyp weiß um seine Bedürfnisse und dass es nun mal Herausforderungen im Leben gibt mit denen er sich konfrontiert sehen wird. Egal wie gut man sich organisiert oder vorbereitet. In jedem Leben kommt es zu unterschiedlichen Herausforderungen. Mal mehr, mal weniger, aber in jedem Fall finden sie statt.
Bei allen anderen Beziehungstypen zeigt sich die Sehnsucht nach Unterstützung und Trost maskiert. Alternative Verhaltensmuster werden entwickelt, um einerseits der wiederkehrenden Ablehnung der Beziehungspersonen bzw. erneutem Erleben von Negativsituationen zu entgehen.
Und sich hier selbst auf die Schliche zu kommen, ist gar nicht so leicht, denn wir Menschen können uns großartig selbst überlisten.
Aufrichtiger (!), positiver Zuspruch ist ein sehr wichtiges und alltägliches Bedürfnis. In Stresssituationen brauchen wir davon reichlich. Stress meint hier nicht den erwachsenen Arbeitsstress, sondern den existenziellen Stress eines Kindes.
Dieser Stress findet sehr viel häufiger statt als allgemein bekannt. Das rührt daher, dass ein Kind erstens der völligen Abhängigkeit seiner Bezugspersonen unterliegt (also auch Großeltern, Erziehern, Pädagogen, …), und zweitens daher, dass es entweder viele Negativerfahrungen mit einer Situation gemacht hat, oder noch gar keine Erfahrungen damit hat.
Was hat das jetzt alles mit Prokrastination zu tun?
Kurz und knapp: Einfach alles!
Prokrastination ist die Reaktion auf ein akutes, unangenehmes Gefühl. Das bedeutet, dass wir in der Dreifaltigkeit unseres Daseins (Bauch-Kopf-Herz) ein Gefühl erleben und dieses verdrängen wollen.
Wir haben nicht gelernt, dass Gefühle einen Zweck haben. Sie kennenzulernen, zu akzeptieren und zuzulassen. Und damit es möglichst schnell wieder verschwindet lenken wir uns ab. Tadaa! Die Prokrastination.
Für alle die sich darin jetzt selbst erkennen: Willkommen im Klub! Ich bin eine von euch!
Lasst uns also dafür sorgen, dass unsere Kinder diese Strategie möglichst nicht für sich anwenden müssen. Indem wir sie darin unterstützen ihre Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche wahrzunehmen, anzuerkennen und auszuformulieren, schaffen wir eine gute Basis.
Und nein, das bedeutet jetzt nicht, dass dein Kind ständig seinen Willen durchsetzen darf, weil es ein Gefühl nach sieben Kugeln Eis oder Bikini im Winter hat. Es bedeutet die Voraussetzung für ein Leben das selbstreflektiert, selbstwirksam und damit erfolgreich ist.
Wie kann sich Prokrastination äußern?
Oh, das ist ganz gemein, weil sie so viele Gesichter hat.
Ich habe mir z.B. jahrelang immer dann, wenn ich eigentlich das Gefühl hatte etwas nicht zu schaffen oder zu können, einen Kaffee gemacht und dazu etwas Süßes gegessen. Das hat in einem sehr ungesunden Ausmaß von Kaffeekonsum und damit verbundener Leberentzündung gemündet.
Das Handy bietet so kurzweilige Ablenkung, dass es sehr häufig als Ablenkung eingesetzt wird. Menschen betreiben übermäßig Sport, arbeiten exzessiv oder suchen den nötigen Trost in Essen oder Suchtmitteln, manche beginnen damit im Bad die Fugen mit der Zahnbürste zu schrubben, andere bügeln Unterhosen, um nur ja nicht dem unangenehmen Gefühl ausgesetzt zu sein, das möglicherweise die Steuererklärung bei ihnen auslöst.
Es können Kleinigkeiten sein die dieses extreme Unwohlsein auslösen. Verborgene Verknüpfungen in den hintersten Gehirnwindungen, machen es Menschen unmöglich in Stille mit sich selbst zu sein.
Du siehst, die Prokrastination versteckt sich gut und scheint ein gütiger Ausweg zu sein. Doch der Schein trügt. Denn Unerledigtes stapelt sich und erschwert letztlich das Leben.
Wenn du dich das nächste Mal dabei erwischt wie du dir eine Ersatzhandlung für etwas suchst, halte inne. Hör auf mit allem!
Ich habe mal wo gelesen, ich glaube es war Vera Birkenbihl, dass es eine Dauer von 90 Sekunden braucht, bis ein akutes Gefühl verflogen ist. Nagle mich bitte nicht fest.
Meiner Erfahrung nach sind es so um die zwei, drei Minuten. Diese kurze Zeitspanne darfst du mal nichts tun. Einfach nichts. Wobei einfach und nichts die schwersten Dinge daran sind. Atmen nicht vergessen, das hilft auch ungemein, habe ich mir sagen lassen.
Startest du dann wieder einen Anlauf mit deiner Steuererklärung wird das Gefühl mit hoher Wahrscheinlichkeit wiederkommen, aber du weißt jetzt, dass du es aushalten, überwinden und gehen lassen kannst.
Ich kann dir sagen, als ich mir das hier nochmal durchgelesen habe, dachte ich: „Wow, das klingt esoterisch, das sollte ich umformulieren.“
Aber ich habe es so gelassen, weil es einfach so ist.
Das kann noch so nach Voodoo-Zauber und Handauflegen klingen. Es bleibt real. Gefühle sind real. Und du wirst sie nicht los, wenn du sie verdrängst. Im blödesten Falle suchen sie sich dann nämlich einen handfesten Weg in dein Bewusstsein und dann hast du schmerzhafte Dinge wie Verspannungen, Kopfschmerzen, Übelkeit, bist leicht reizbar, abweisend oder verletzend, … oh warte, kennst du das von deinem Kind? Ups!
Griaß eich die Madln, servas die Buam!